Stürzelberger Archäologe beleuchtet alte Esskulturen

Dormagen. Jost Auler weiß, wie die Menschen in früheren Epochen speisten. Einige Gerichte hat er nachgekocht. Von Franziska Gräfe

Kartoffelhälften mit Rosmarin gewürzt gibt es heute, dazu eine Rinderroulade. Von diesem Mahl hätten die mittelalterlichen Europäer nicht träumen können. Sie kannten weder Kartoffeln, noch gehörte Fleisch damals zu jedem Mittagstisch. „Meist aßen die Menschen Brei aus Getreide, auch das Gemüse wurde zerkocht“, sagt Jost Auler. Der Archäologe aus Stürzelberg weiß vieles über die Esskultur vergangener Epochen zu berichten. Jüngst tat er dies im Neusser Clemens-Sels-Museum mit Fokus auf das Mittelalter, das für das Gros der Menschen kulinarisch eher eintönig war.

Wer etwas über Essen in früheren Zeiten erfahren will, muss zuweilen von hinten beginnen. Latrinen geben Aufschluss über die damals verzehrte Nahrung, denn dort landeten die verdauten Reste der Mahlzeiten. Ebenso alte Kochstellen. Eine solche, datiert auf die vorrömische Eisenzeit etwa 700 bis 600 vor Christus, wurde 2001 beim Bau des Aldi-Logistikzentrums in Delrath ausgebuddelt. Dabei fand man verkohlte Getreidekörner, die wohl neben die Feuerstelle gefallen waren. „Die sehen aus wie Kaffeebohnen oder Reiskörner“, beschreibt Auler die Funde. Unschätzbar wertvoll sind sie, weil sich daraus Rückschlüsse über die damals angepflanzten Getreidearten ziehen lassen. Tatsächlich konnte man die weit über 2000 Jahre alten Körnchen „archäobotanisch analysieren“, wie der Fachmann sagt: Es waren Dinkel, Emmer – eine Weizenart – , Gerste und zwei Hirsesorten. „Getreide wurde oft mit Hülsenfrüchten zusammen als Eintopf gekocht“, sagt Auler. Wie schmackhaft so eine Suppe sein kann, wollte er ausprobieren und hat Gerichte mit Originalzutaten kreiert: Sein Drei-Gang-Menü „Getreide-Eintopf mit Hirsefladen und Gerstenbier“ fand Eingang in das Rezeptbuch „Kochen durch alle Epochen“, das Auler 2006 gemeinsam mit Dagmar Davertzhofen veröffentlicht hat (ISBN 978-3-938473-00-9). Vorkoster waren Henrike und Neeske, die Töchter des Archäologen. „Den Hirsefladen wollten sie partout nicht, den bekam dann der Hund“, erzählt Auler. Sicher lag’s am Geschmack, oder eher am Fehlen desselben: Salz war kostbar und sparsam zu gebrauchen, Pfeffer in Europa unbekannt, auch gab es keine Hühnereier, die den Teigfladen als „Kleber“ hätten zusammenhalten können. „Haushühner haben nämlich erst die Römer zu uns gebracht“, ergänzt der Archäologe.

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